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14.12.2023

„Es ist einfach wunderschön, zu sehen, wie der Austausch über das Programm hinausgeht.“

Michaela Karolina Braun arbeitet seit etwa einem Jahr als Entwicklungshelferin in Kabwe, Sambia, und unterstützt als Ingenieurin im Rahmen des Fachkräftefonds den Versorger Lukanga Water & Sanitation Company, in der Betreiberpartnerschaft mit der Gelsenwasser AG und der Emschergenosschenschaft/Lippeverband.

Michaela Karolina Braun im Workshop mit Ihren Kolleg*innen | Foto: Michaela Karolina Braun

Sie arbeiten in Sambia für die Lukanga Water & Sanitation Company. Vor welchen Herausforderungen steht dieses Unternehmen?

Michaela Karolina Braun: Unsere technischen Anlagen sind alle sehr alt und am Ende ihrer technischen Lebenszeit angekommen. Zusätzlich haben wir keine Redundanzen im System, es gibt keine Backupsysteme. Dies bedeutet, dass unterschiedliche Versorgungsnetze lediglich an einer einzigen Pumpe hängen, die jederzeit ausfallen kann. In dem Fall würde die Versorgung für bestimmte Bereiche des Versorgungsgebiets zusammenbrechen. Und das bedeutet für Lukanga WSC, dass wir sehr von Notfallstrategien getrieben werden, wir können meistens nur noch reagieren, anstatt Zeit zu haben, unsere Einsätze strategisch zu planen.

Des Weiteren stehen wir vor der Herausforderung einer äußerst schnell wachsenden Bevölkerung, insbesondere in den informellen Siedlungsgebieten. Dies stellt uns als Stadtplaner*innen vor eine große Herausforderung, da wir sicherstellen müssen, dass alle Menschen mit Trinkwasser versorgt werden und eine Sanitärversorgung gewährleistet ist. In diesen Gebieten ist jedoch häufig ein erhöhtes Maß an Vandalismus zu verzeichnen. Unsere Infrastruktur wird beschädigt oder illegal, also ohne Genehmigung, angezapft.

Zusätzlich gibt es Defizite sowohl in der Ausbildung als auch in der Automatisierung von Arbeitsprozessen. Seit meiner Ankunft in Kabwe habe ich sehr zu schätzen gelernt, welches großartiges duales Ausbildungssystem und welche hochqualifizierten Fachleute wir in Deutschland haben. Hier in Sambia hingegen absolvieren unsere Handwerker*innen lediglich eine theoretische Prüfung, und das erste Mal, dass sie in den Unternehmen bei einem Schaden reparieren sollen, ist gleichzeitig das erste Mal, dass sie ein Werkzeug in der Hand halten. Die Suche nach qualifizierten Fachleuten ist schwierig, da es ihnen schlichtweg an Erfahrung mangelt.

Wie kommt in dieser Situation die Betreiberpartnerschaft mit Gelsenwasser AG und der Emschergenossenschaft und Lippeverband ins Spiel? Wo ist da Ihre Rolle als Fachkraft?

Michaela Karolina Braun: Die von der Betreiberplattform geförderte Partnerschaft zwischen den sambischen und deutschen Partnern arbeitet darauf hin, dass sich die Kapazität im Betrieb und der Wartung von Lukanga WSC verbessern. Die Betreiberpartnerschaft gibt es seit 2019. In den Anfangsphasen wurde gemeinsam eine Analyse von Lukanga WSC durchgeführt und ein Plan zur Leistungsverbesserung zusammengestellt. Die Hauptschwerpunkte liegen auf dem Datenmanagement und dem technischen Anlagenmanagement. Die Wasserunternehmen arbeiten nun in verschiedenen Arbeitsgruppen zusammen.

Meine Beteiligung an der Partnerschaft beruht auf meiner Expertise als Ingenieurin im technischen Anlagenmanagement. Zum einen unterstütze ich die Partner fachlich und bringe meine eigenen Erfahrungen in Kabwe beim Versorger ein, zum anderen bin ich in der Partnerschaft kulturelle Vermittlerin. Zwar haben beide Seiten oft dieselbe Vision, haben aber Schwierigkeiten in der Kommunikation miteinander. In dieser Rolle fasse ich Themen verständlicher zusammen und schaffe Vertrauen zwischen beiden Seiten. Meine Aufgabe besteht darin, die Vorstellungen der Wasserversorger zusammen zu führen und sicherzustellen, dass sie gemeinsam eine Entscheidung treffen können. Dabei stoßen unterschiedliche sambische und deutsche Arbeitsansätze aufeinander.

Können Sie da ein einfaches Beispiel geben?

Michaela Karolina Braun: Wir Deutschen neigen dazu in Arbeitsmeetings direkt auf den Punkt kommen. In Sambia hingegen hat die persönliche Ebene bei Geschäftsbeziehungen einen sehr, sehr hohen Stellenwert – und Vertrauen braucht Zeit. Deswegen wird die deutsche Seite schon mal ungeduldig und in Sambia denken sie, die Deutschen sind zu direkt, und dazwischen sitze dann ich. Wenn ein gemeinsames Verständnis einmal geschaffen ist, dann gibt es eine hohe Vertrauensbasis und das haben wir in unserer Partnerschaft erreicht.

 
Wie muss ich mir diese Zusammenarbeit konkret vorstellen? Wie gestaltet sich diese Zusammenarbeit?

Michaela Karolina Braun: Da die Partnerschaft schon über viele Jahre besteht, kennen sich die Partner sehr gut. Für mich ist es eine freundschaftliche Arbeitsebene, auf der wir zusammenarbeiten. Man kennt die jeweiligen technischen Anlagen gegenseitig. Durch die langjährige Partnerschaft zeigen sich bereits erste Ergebnisse, was natürlich beide Seiten motiviert. Man merkt auch, dass die Sambier wirklich sehr stolz auf diese Partnerschaft sind. Erst vor zwei Tagen beim Mittagessen kam das Gespräch auf, dass sie stolz darauf sind, die erste Betreiberpartnerschaft der Betreiberplattform in Sambia gewesen zu sein. Jetzt gibt es noch eine weitere mit Luapula WSC und eine weitere ist in Planung. Die Anerkennung der Partnerschaft zeigt sich aber auch auf internationaler Ebene, wie bei dem sambischen Wasser Forum, ZAWAFE, wo unser Managing Director diese in einem Vortrag vorgestellt hat. Nächste Woche sind wir in Kigali bei dem diesjährigen International Water Association Kongress (IWA) wo wir darüber sprechen, wie erfolgreich die Partnerschaft ist.

Gab es denn ein besonderes Highlight im letzten Jahr, was Ihnen sofort einfällt, wenn Sie an die Partnerschaft denken?

Michaela Karolina Braun: Auf jeden Fall die Aufnahme hier bei dem Wasserversorger in Sambia. Mit meinem eigenen Büro mitten im Geschehen fühle ich mich nicht nur fachlich, sondern auch menschlich integriert. Ich erhalte viel Wertschätzung, sowohl von meinen Kollegen vor Ort als auch von Gelsenwasser AG und der Emschergenossenschaft und Lippeverband.

Über die Zusammenarbeit in der Abwasserarbeitsgruppe wurde eine Abwasseranlage nach 10 Jahren wieder in Betrieb genommen, die das Abwasser von 5.600 Einwohnern aufbereitet. Es ist beeindruckend zu sehen, welche Motivation auf Seiten des Lukanga WSC freigesetzt wird, wenn man sie unterstützt.

Ein weiteres Highlight ist: Die Partner arbeiten als Counterparts zusammen, also der Ingenieur hier wird mit den Ingenieuren, die dieselbe Tätigkeit haben, in der Gelsenwasser AG und Emschergenossenschaft und Lippeverband verlinkt. Oder der Meister tauscht sich direkt mit dem Meister aus, usw. Ich habe mitbekommen, dass die sambischen Kollegen auch außerhalb von den Arbeitsgruppen ihre deutsche Counterparts kontaktierten, wenn wir ein Problem haben, um nach Hilfe oder Ratschläge zu fragen. Dies ist für mich ein großer Erfolg, da es genau der Idee dieser Betreiberpartnerschaft entspricht. Es ist einfach wunderschön, zu sehen, wie der Austausch über das Programm hinausgeht und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit entsteht.

Gibt es denn für jetzt, die nächsten Monate oder fürs nächste Jahr, auch schon konkrete Zukunftspläne?

Michaela Karolina Braun: Was ich spannend finde: Lukanga WSC hat sich ab dem nächsten Jahr für zwei große Projekte für Investitionen von über 20 Millionen US Dollar, von der EU und der African Development Bank qualifiziert, die in neue Infrastruktur investieren werden. Im Projektmanagement kann ich die sambischen Kollegen hierbei unterstützen, was sehr spannend sein wird.

Insbesondere verfolgt das von der EU finanzierte NEWZA (Nexus Energy and Water programme in Zambia) Projekt unter anderem das Ziel, an dem auch die GIZ Sambia mit Capacity Building beteiligt sein wird, die Wasserversorger unabhängiger von Energiequellen zu machen. Da der Energieverbrauch für den Betrieb der Anlagen einen großen Teil der Unternehmenskosten verursacht, sollen die Betreiber verstärkt auf eigenständig betriebene Solarenergie umsteigen. Dies beinhaltet die Installation zahlreicher Solarmodule auf unseren Pumphäusern, mit denen wir dann Kosten reduzieren werden.

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Über den „Fachkräftefonds für kommunale Partnerschaften weltweit“, implementiert von Engagement Global GmbH mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), werden Fachkräfte innerhalb von Partnerschaftsprojekten finanziert. In diesem Falle ist dies eine über die Betreiberplattform geförderte Partnerschaft. Diese Partnerschaft ist ein Beispiel für eine sinnvolle Verzahnung dieser beiden Vorhaben, das zudem von dem GIZ-Vorhaben “Strengthening Institutions for Sustainable Water Supply and Sanitation in Zambia (SIWaS)” unterstützt wird.

Nächste Bewerbungsfrist für den Fachkräftefonds: 31. Januar 2024
Weiter Informationen: https://skew.engagement-global.de/personelle-unterstuetzung-fachkraeftefonds.html

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Weitere Informationen zur Partnerschaft:

https://www.lukangawater.co.zm/index.php/en/about

https://www.utility-platform.de/partnerschaften/gelsenwasser-lukanga-wssc


erstellt von:
Burkhard Vielhaber, Betreiberplattform


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